Hausbesuch des Landesvereins in Mietraching

Bayerischer Landesverein für Heimatpflege führt durch das ehemalige Kasernengelände in Mietraching

Mit dem Abzug der US - Armee aus Bad Aibling im Jahr 2000 konnte auf dem großen Areal die Konversion zu einer nicht militärischen Nutzung mit einer städtebaulichen Neuordnung begonnen werden.

Am Freitag, den 08.07.2022 organisierte daher der Bayerische Landesverein für Heimatpflege e.V. eine Führung in Mietraching auf dem B&O Parkgelände dem ehemaligen Standort der Kaserne. Im Rahmen eines der „Hausbesuche“ des Landesvereins, konnten zahlreiche Teilnehmende erfahren, wie die Konversionsfläche des ehemaligen Kasernengeländes in ein urbanes Quartier mit hoher Lebensqualität und heimatlicher Identität entwickelt wurde.

Geleitet wurde die Führung von der mit der Freiraumplanung beauftragten Landschaftsarchitektin Frau Irene Burkhardt und dem Bauherrn Dr. Ernst Böhm von der B&O Gruppe.

Bereits am Treffpunkt, der Heizikone - einem skulptural ausgebildeten Heizkraftwerk - spürte man die Idee der großzügigen Parklandschaft, die das gesamte Gelände durchzieht. Das Areal ist dabei in vier Bereiche gegliedert: dem Quartier am Moosbach im Norden, der City of Wood, dem Sportpark und dem Technologiepark.

Der Spaziergang begann mit der Besichtigung der ehemaligen Kasernengebäude. Ursprünglich in den 30er Jahren als Ausbildungsstätte für Sturzkampfflugzeug(„Stuka“)-Piloten errichtet, wurde es zuletzt als amerikanischer Stützpunkt genutzt, bis die B&O Gruppe das Areal nach dem Abzug der Amerikaner von der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2005 erwerben konnte. Anstatt die Bauten einfach abzureißen, wurden die Bestandsgebäude instandgesetzt. Heute beherbergen sie u. a. ein Hotel, einen Bildungscampus mit Mittel- Real- und Fachoberschule und Büros.

Südlich davon entstand das Neubau-Quartier City of Wood mit innovativem Holzbau. Auch hier wird nicht nur gewohnt, sondern auch gearbeitet und in die Schule gegangen. Neben Werkswohnungen befinden sich hier ein genossenschaftlicher Wohnungsbau und ein Parkhaus an der Ebersberger Straße. Die Bauten zeigen auf, was mit heutiger innovativer Holzbautechnik alles möglich ist. Für den Besucher entsteht hier ein selbstverständliches und einheitliches Erscheinungsbild, das durch großzügige, als Parklandschaft konzipierte Freiflächen mit ihren Gewässerläufen, Bäumen, Sträuchern, Lichtungen und Blickachsen zusammengehalten wird.

Der Rundgang endete im Süden an der bemerkenswerten Hausgruppe der drei Forschungshäuser.

Aus der Erfahrung heraus, dass das gegenwärtige Bauen immer komplexer und komplizierter wird, entstand unter der Federführung des Architekturprofessors der TU München Florian Nagler ein Forschungsvorhaben zum Thema des sogenannten Einfachen Bauens.

Daraus entstanden hier drei gleichartige Gebäude, sie sich jeweils nur in ihren Wandmaterialien unterscheiden: Eines ist aus Leichtbeton, eines aus Massivholz und eines aus Ziegeln gebaut. Die Wände wurden dabei in möglichst einfacher, einheitlicher und materialreiner Zusammensetzung ausgeführt.

Auf diese drei Häuser sollen später noch drei weitere folgen, die nicht nur klimaneutral sein wollen, sondern sogar „klimapositiv“. Baumaterialien mit schlechter Umweltbilanz (wie Beton) werden dabei durch Holz, Lehm oder Recycling-Baustoffe ersetzt. Ziel ist es, dem Klima insgesamt CO2 zu entziehen.

Während des gesamten Spaziergangs ist deutlich erkennbar, dass für Dr. Böhm bei der Entwicklung des Quartiers immer ein übergeordnetes ökologisches und soziales Verständnis im Vordergrund steht. Seine Philosophie der Mischung von funktionalen und sozialen Überlegungen ist im Quartier geradezu ablesbar:

650 Kinder besuchen auf dem Gelände einen Kindergarten oder eine Schule und 700 Menschen haben hier einen neuen Arbeitsplatz gefunden.

Einen Städtebau, der Arbeit und Wohnen trennt, hält Dr. Böhm für überkommen. „Man muss eine Nutzungsvielfalt, wie es in den Dörfern typisch war, wieder anstreben. Die kurzen Wege zwischen Wohnen und Arbeitsstätte bzw. Schule bedeuten Lebensqualität.“

Gerade deshalb werden auf dem Areal der Kaserne auch derzeit neue Werkswohnungen errichtet.

An der Errichtung innovativer Holzbauwerke, wie z.B. des 8-geschossigen Punkthauses und der Forschungshäuser, zeigt sich auch, wie die Gestalter auf der Suche nach nachhaltigen und langfristigen baulichen Lösungen für die heutigen Probleme der Baubranche sind.

Dabei muss auch die Landschaft des Geländes gut konzipiert sein, wie Frau Burkhardt den Teilnehmenden erklärte. Es wurde großer Wert auf die Minimierung der Verkehrsflächen, das Pflanzen von Bäumen, die Renaturierung der Wasserflächen und das Freihalten von Blickbezügen gelegt.

Die Weiterentwicklung und Umnutzung des ehemaligem Kasernengeländes ist ein hervorragendes Beispiel für die Schaffung eines vitalen Quartiers im ländlichen Raum, welches die Idee einer „Dorfgemeinschaft“ neu aufleben lässt.

 

Die „Hausbesuche“  wie die Führung in Mietraching, sind eine Initiative der Bauberatung des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege e.V. zur intensiveren Verbreitung vorbildlicher Architektur in Bayern. Sie richtet sich an Architekten, Bürgermeister, Kreis- und Stadtheimatpfleger sowie interessierte Bürger. Unter dem Motto "Schauen – Erleben – Begreifen" wird unter der Leitung von Dr. Vinzenz Dufter jeweils an einem Freitagnachmittag von 15 bis 17 Uhr ein Gebäude bzw. eine städtebauliche Planung vorgestellt.

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