Veranstaltungshinweis: Kulturabend und Fachtagung in Miesbach: "Heimat - begrenzt unbegrenzt" am 23. und 24.9.

HEIMAT – EIN VIELSCHICHTIGER BEGRIFF

Wenn es um Heimat geht, ist jeder mehr oder weniger Experte. Um dem Begriff und dem
vielschichtigen Phänomen genauer auf den Grund zu gehen, findet in Miesbach am Samstag, 24.
September 2022, im „Waitzinger Keller“ eine hochkarätig besetzte wissenschaftliche Tagung statt.
Den Auftakt dazu bildet ein Kulturabend, der am Freitag, 23. September, ebenso wie das Symposium
am Folgetag im Miesbacher Kulturzentrum über die Bühne geht. Die Schirmherrschaft für die
Veranstaltung haben Landrat Olaf von Löwis of Menar und Miesbachs Erster Bürgermeister Dr.
Gerhard Braunmiller gemeinsam übernommen.

Als musikalischer Einstieg steht der Auftritt des Monika Drasch Quartetts unter der Überschrift „Nix is
gwiss“ auf dem Programm. Die Musiker mit Monika Drasch an der Spitze wollen nicht nur einen
atmosphärischen Akzent setzen, sondern mit ihren Liedtexten darüber hinaus Impulse zu eigener
Reflexion geben. Dabei gehört eine ganz spezielle Instrumenten-Auswahl zum Repertoire: Gitarren,
Flöte, Kontrabass und Grüne Geige kommen ebenso zum Einsatz wie diverse Klarinetten und
Saxophone und – last, not least - das schottische Nationalinstrument: der Dudelsack. Frontfrau
Monika Drasch wird unter Beweis stellen, dass dafür nicht nur Männer ausreichend Puste haben,
sondern auch sie darauf virtuos zu spielen versteht. Der Kulturabend ist als amüsantes
Gesamtkunstwerk geplant, samt Aphorismen und Denkanstößen von Dichtern und Denkern, rezitiert
von Steffi Baier, Heimat-Lyrik und -Panegyrik, vorgetragen von Professor Wilhelm Liebhart, sowie
Anekdoten zur kommunalen Gebietsreform, die vor einem halben Jahrhundert viel Staub
aufgewirbelt hat – als „Infotainment“ präsentiert von Franz-Josef Rigo und dem schwäbischen
Bezirksheimatpfleger Christoph Lang . Kurze Grußworte der beiden Schirmherren werden den
Kulturabend (Beginn: 19.30 Uhr) einleiten.

Das ganztägige wissenschaftliche Kolloquium wird diesen Faden aufnehmen und fortspinnen. Das
Programm ist vollgepackt mit Themen und Thesen, um Schlaglichter auf das immens breite Spektrum
zu werfen. Über Facetten des Heimatbegriffs wird der oberbayerische Bezirksheimatpfleger Dr.
Norbert Göttler sprechen, daran schließt ein Referat des Historikers Wilhelm Liebhart unter dem Titel
„Das Heimatbuch – Selbstvergewisserung oder Autosuggestion?“ an, gefolgt von einem Vortrag des
Journalisten Franz-Josef Rigo, der sich dem heiklen, häufig tabuisierten Thema „Heimatbücher und
NS-Zeit“ widmen wird. In diesen Kontext passt das Referat des „Münchner Merkur“-Redakteurs und
promovierten Historikers Dr. Dirk Walter: „Ein früher Nationalsozialist und Antisemit als
Kreisheimatpfleger: der Fall Karl Braßler (Bad Aibling)“ lautet sein Thema, das bewusst die Frage
aufwirft, ob dieser Fall als singulärer Einzelfall oder exemplarisch als pars pro toto interpretiert
werden kann.
Nach der Mittagspause greift der Germanist Prof. Dr. Klaus Wolf das mittlerweile zwar weithin in
Vergessenheit geratene, um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert aber eminent wirksame
Konzept der Heimatkunst auf, angesiedelt und verortet „zwischen politischer Problematik und
unsicherer Literaturgeschichtsschreibung“ – deren Hauptprotagonisten verstanden sich als
Avantgarde, ihre Ideologie ist jedoch ohne Zweifel als rückwärtsgewandt zu etikettieren. Daran
anschließend will die Kulturwissenschaftlerin Dr. Simone Egger den Blickwinkel verändern und mit
den Prämissen sowie dem Handwerkszeug ihrer Fachdisziplin die bewusst mit einem Fragezeichen
verbundene These „Alles Heimat?! Ein Sehnsuchtsort im Spannungsfeld von Pop und Politik“ als
Versuch einer Annäherung unter ihre Zuhörerschaft bringen. Die Historikerin Dr. Julia Mattern
schlägt im Anschluss erneut eine Brücke zurück in eine bewegte, heftige Emotionen aufwühlende
Vergangenheit: „Heimat = Partizipation“, lautet die in dieser Gleichsetzung durchaus provokant
gemeinte Reduktion, der Untertitel markiert, dass dabei Dörfer nach der Gebietsreform im Fokus
stehen werden. Haben sie sich in ihren Zwangsehen mit ihren Partnern arrangiert? Hat die
Neuordnung der politischen Landkarte Gewinne oder Verluste auf dem Sektor demokratischer
Prozesse mit sich gebracht?
Den Schlussakkord wird die Ethnologin Dr. Daniela Sandner übernehmen. Ihr Referat unter der
Rubrik „Bedrohte Heimat? Zur Vereinnahmung der Heimat(pflege) von rechts“ führt bis in die
unmittelbare Gegenwart und zeigt an konkreten Beispielen auf, wie Heimat und Heimatpflege von
rechtsextremen Gruppen adaptiert, mit Attributen von gestern aufgeladen und in bewusster
Abgrenzung zum gesellschaftlichen und politischen Mainstream quasi exklusiv für die eigene
Ideologie reklamiert wird. Nach allen Vorträgen bekommt das Publikum ausreichend Gelegenheit,
sich mit Fragen an die jeweiligen Referenten zu wenden, in einer Schlussrunde werden summarisch
noch einmal Einzelaspekte behandelt. Eine Talk-Runde, gemeinsam moderiert von Franz-Josef Rigo
und dem Geschäftsführer des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege, Dr. Rudolf Neumaier,
wird die notwendige Meta-Ebene ins Spiel bringen, um den konkreten und den abstrakten Blick auf
das Phänomen Heimat in einer Synthese zusammenzuführen. Als Talk-Gäste werden Klaus Wolf,
Norbert Göttler und Simone Egger auf dem Podium vertreten sein.

Eintrittskarten für den Kulturabend kosten 12 Euro, für das ganztägige Symposium 18 Euro, sie sind
übers Kulturzentrum Waitzinger Keller Miesbach (www.waitzinger-keller.de), Telefon: 08025-70000
und an der Tageskasse erhältlich.

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