Verfassung braucht Schule
Zum Beginn des neuen Schuljahres veröffentlicht der Bayerische Landesverein für Heimatpflege einen Vorschlag zur Stärkung der Demokratie.
An der Stelle, an der früher jeden Morgen zu Unterrichtsbeginn ein Morgengebet gesprochen wurde, wäre es sinnvoll, mindestens einmal pro Woche eine kurze „Verfassungszeit“ einzuführen, sagt Dr. Rudolf Neumaier, der Geschäftsführer des Landesvereins. Neumaier weiter: „Es geht darum, dass die jungen Menschen sehr früh lernen, was unsere Grundlagen für Freiheit und Demokratie sind. Das geht am besten mit der Verfassung des Freistaats Bayern, wahl- und abwechslungsweise auch mit dem Grundgesetz. Wo bis weit in die 1980er Jahre der Unterricht mit einem religiösen Impuls, oft mit einem Gebet begann (an konfessionellen Schulen ist es noch heute so), wäre es doch sinnvoll, wenn die Kinder und Jugendlichen in dieser Zeit die Grundlagentexte unseres Zusammenlebens kennenlernen. Ich stelle mir zum Beispiel vor, dass eine Lehrerin oder ein Schüler eine ausgewählte Stelle vorträgt und dann ein paar Minuten darüber diskutiert oder wie in einer Art Meditation darüber nachgedacht wird. So wird manchen oder sogar vielen jungen Menschen früher bewusst, dass sie mitverantwortlich sind und sein werden für unser Gemeinwesen, für unsere gemeinsame Sache, für den Staat, der wir alle sind. Und wenn es nur einmal in der Woche ab der 4. Klasse ist, die Verfassung ist ein großartiger Text, der beherzigt werden muss, wenn das allgemein abnehmende Verständnis für Demokratie gefestigt oder gefördert werden soll. Noch in meiner Kindheit in den 1970ern haben Geistliche moralische Richtwerte vorgegeben. Wenn Kirchen immer mehr an Bedeutung verlieren, brauchen wir säkulare Konzepte, um den Menschen die grundlegenden Vorgaben für ein friedliches Zusammenleben in Freiheit zu vermitteln. Ob Verfassungszeit, Verfassungsandacht oder Verfassungsmeditation – wie man es nennt, ist egal. Wichtig ist, dass so etwas wie ein Verfassungspatriotismus entsteht. Gerade die Bayerische Verfassung liest sich wie eine Bergpredigt der Staatskunst.“
Dr. Olaf Heinrich, der Vorsitzende des Landesvereins für Heimatpflege, pflichtet dem bei: „Viele Umfragen lassen darauf schließen, dass das Verständnis für die Basis unserer Demokratie abnimmt. Wo könnte man sie den Menschen besser näherbringen als schon früh in der Schule, gerne auch noch an Berufs- und Hochschulen? Verantwortung und das Bewusstsein für diese Verantwortung, auch Gemeinsinn kann man lernen. Es wird angesichts der vielen negativen Einflüsse von Anti-Demokraten wichtiger denn je. Es gibt in diesen Gesetzestexten viele Stellen, die auch schon Buben und Mädchen durchdringen können.“ Heinrich erinnert sich an seine Zeit als Austauschschüler vor 25 Jahren in den USA. „Dort wurde in der Schule regelmäßig eine Art Fahnenappell abgehalten, der Pledge of Allegiance. Andere Länder lassen ihre Schulkinder vor der Landesfahne die Nationalhymne singen. Die Verfassung zu vermitteln, wäre aus meiner Sicht gescheiter.“
Nach ihren Vorstellungen ließe sich eine solche Verfassungszeit in den Schulen ohne Mehraufwand für Lehrerinnen und Lehrer einführen, betonen die Heimatpfleger Heinrich und Neumaier.
Ihr Ansprechpartner im Landesverein:
Dr. Rudolf Neumaier
Geschäftsführer
Tel.: 089 286629-0
E-Mail: rudolf.neumaier@heimat-bayern.de