Steuern sparen mit Denkmalpflege – Interview mit Maximilian Reichert, Steuerberater

Maximilian Reichert hat am Mühldorfer Stadtplatz vor 15 Jahren eine mittelalterliche Immobilie saniert. Als Steuerberater kann er sehr gut rechnen: Es rentiert sich schon allein wegen der Steuerersparnis, in ein denkmalgeschütztes Objekt zu investieren. Genauso wichtig ist ihm aber die Freude daran, einem alten Haus neues Leben einzuhauchen.
 
Herr Reichert, was stand bei der Sanierung Ihres Geschäftshauses im Vordergrund – der Geldbeutel oder das Herz?
 
Maximilian Reichert: Das Herz! Deshalb war es für mich keine Belastung, alte Sprossenfenster oder die alten Putzstrukturen zu erhalten. Wer eine glatte Wand aus gespachteltem Trockenbau haben will, versteht das vielleicht nicht. Aber wir haben hier diese wunderbaren Wände bewahrt. Ich habe viele Details von Fachleuten erklärt bekommen, von den Stuckarbeiten über die Isolierung der Doppelfenster bis hin zu den Dachformen. In Salzachstädten gibt es die besondere Architektur der Grabendächer in W-Form, die nach innen entwässert werden und mehr Brandschutz boten. Diese Sanierung war für mich ein Lernprozess. Ich habe das Haus dabei immer besser kennen- und schätzen gelernt.

Sie haben sich also immer mehr verliebt?
 
So kann man das sagen. Es ist wie in einer Beziehung: Sie wächst mit der Zeit, muss aber gepflegt werden. Man hat Verantwortung und eine Aufgabe übernommen. Da darf man auch nicht bei jeder Schwierigkeit aufgeben! Ich kann nur jeden ermuntern, sich darauf einzulassen.

Aber es braucht schon auch Fantasie, nicht wahr? Sie haben mir Bilder geschickt, auf denen feuchtes Gewölbe, Schimmel und bröckelnder Putz zu sehen sind…
 
Ich habe auch noch ein Foto vom Speicherraum, ganz am Anfang. Wenn ich mir das anschaue, dann kommt mir durchaus der Gedanke: Da hast du dir schon was zugetraut, um Gottes Willen!

Was wäre mit dem Haus passiert, wenn Sie es sich nicht zugetraut hätten?
 
Die Bekleidungskette H&M hatte beabsichtigt, hier eine Filiale einzurichten. Sie hätte das Gebäude ausgehöhlt, Rolltreppen eingebaut und so weiter. Ein Graus bei so einem Einzeldenkmal, dessen Grundlagen von 1470 stammen. Ich bin daher mit meinen Plänen, hier die Steuerkanzlei Consilia unterzubringen, auf offene Ohren gestoßen. Es ist eines der wenigen Steinhäuser gewesen, deshalb ist es bei den zwei großen Bränden in Mühldorf nicht zerstört worden. Es lag im Gebiet der Lederer und Gerber, was bedeutet, dass es hier viel Wasser gab – daher der Schimmel. Wir mussten die Feuchtigkeit rausbringen – und das ist uns gelungen.

Sie durften sogar einen Aufzug anbauen. Man hört oft, dass die Denkmalpflege Bauherren ausbremst. Wie war das bei Ihnen?
 
Es war eher eine Zusammenarbeit, wie in einem Team. Kompromisse waren immer möglich. Auch der Aufzug wurde als sinnvolle Ergänzung genehmigt. Etwa einmal im Monat haben wir uns auf der Baustelle getroffen und Dinge besprochen, die sich ergeben haben. Das war eine gute Erfahrung.

Eine gute Erfahrung ist sicher auch der steuerliche Vorteil einer Denkmalsanierung. Könnten Sie es in einem Beispiel kurz erklären?
 
Wichtig ist als Erstes, dass man zwingend vor Beginn der Baumaßnahmen die Sanierung beim Amt für Denkmalpflege beantragt und eine Bescheinigung der Förderfähigkeit bekommt. Beim Objekt kann es sich um ein Einzeldenkmal oder um ein Gebäude in einem ausgewiesenen Denkmalsanierungsgebiet handeln. Bei Fremdnutzung kann man 100 Prozent abschreiben, nämlich acht Jahre neun und vier Jahre sieben Prozent. Bei Eigennutzung kann man zehn Jahre lang neun Prozent der Sanierungskosten steuerlich abschreiben. Rechnet man bei einem Altbauwert von 300.000 Euro mit 600.000 Euro Sanierungskosten, ergibt sich für Zahler des Höchststeuersatzes hochgerechnet über zehn Jahre eine Steuerersparnis von 226.800 Euro – das wären 38 Prozent der Sanierungskosten.

Wie stark profitieren Kapitalanleger?
 
Ein Beispiel: Nehmen wir an, die Anschaffungskosten liegen bei 300.000 Euro. Davon entfallen jeweils 15 Prozent auf Grundstück und Bausubstanz sowie 70 Prozent auf die Sanierung. Handelt es sich um ein Denkmal oder ein Objekt im Sanierungsgebiet, greift zusätzlich zur Altbauabschreibung (13.500 Euro in zwölf Jahren) die Denkmal-AfA auf die 210.000 Euro Sanierungskosten. Insgesamt können in zwölf Jahren also 223.500 Euro abgeschrieben werden. Bei einem angenommenen Jahreseinkommen von 90.000 Euro brutto beträgt der steuerliche Vorteil somit 93.876 Euro. Würde man 300.000 Euro in einen Wohnungskauf ohne Denkmalschutz investieren und die Gebäudesubstanz mit 200.000 Euro annehmen, sind zwölf Jahre mal zwei Prozent – also 24 Prozent (48.000 Euro) – Abschreibung möglich. Damit beträgt die Steuerminderung beim Kaufmodell nur 20.160 Euro. Der Vorteil bei Denkmalabschreibung läge bei 73716 Euro, immerhin 24 Prozent der Investitionssumme.

Das ist tatsächlich ein großer Unterschied. Es profitieren aber diejenigen am stärksten, die am meisten Steuern zahlen, nicht wahr?
 
Ja, das stimmt. Aber ich halte das durchaus für legitim. Zu investieren, wirtschaftliche Risiken zu übernehmen und dafür Anreize zu schaffen, ist nichts Schlechtes. Eine Investition ist eine soziale Aufgabe. Das Geld beschäftigt Menschen. Sozial ist, was Arbeit schafft. Es entsteht außerdem neuer Wohnraum, der überall fehlt – und das auch noch auf nachhaltige Weise durch Bauen im Bestand.

Eine Denkmalsanierung bringt also nicht nur persönliche Freude am Erhalten und eine beträchtliche Steuerersparnis mit sich, sondern auch einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen?
 
Genau so ist es. Und es geht noch weiter: Sie fördern regionales Handwerk – meist sind es die kleinen, bodenständigen Betriebe – und erhalten alte Techniken. Wir sind damals im Umkreis von 50 Kilometern rumgefahren, um die Richtigen für die verschiedenen Gewerke zu finden. Und dann macht dir ein Schreiner einen Handlauf, der sich anfühlt wie ein Handschmeichler! Selbst die Bauleute haben einen Bezug zum Objekt entwickelt. Mein Polier war immer ganz begeistert, wenn er hinter einer Mauer etwas Neues entdeckt hat. „Reichert, i zoag da wieda was“ – so hat er mich oft auf der Baustelle begrüßt.

Und was war das dann?
 
Die lustigste Sache war der Fund einer Toilettenanlage, die mitten im jetzigen Foyer der Kanzlei gestanden hätte. Zum Glück war sie nicht historisch, wie zuerst vermutet, sondern stammte aus den 1940er Jahren, sodass wir sie entfernen konnten.

Nach all Ihren Erfahrungen: Würden Sie sich wieder auf eine Denkmalsanierung einlassen?
 
Auf alle Fälle. Natürlich muss einem klar sein, dass es sich um keinen Neubau handelt, sondern um ein Haus mit Geschichte, Eigenheiten und auch Problemen. Man kann zwar je nach Tiefe der Sanierung Neubauqualität schaffen, aber irgendwo gibt es wiederkehrende Problemstellen. Zum Beispiel in unserem Haus werden beim Anliefern für die Apotheke unten häufig die Ecken abgestoßen. Das ist ärgerlich, denn sie müssen jedes Mal wieder per Hand geformt werden. Einfacher wäre es, eine Metallleiste zum Schutz von Kanten anzubringen. Ein Denkmal braucht also schon eine laufende Pflege und die nötige Einstellung dazu. Wenn die einer hat, kommt zum Steuervorteil und zur Wirtschaftlichkeit auch diese Freude am Bewahren auf.

Um es noch höher aufzuhängen: In der Bayerischen Verfassung ist der Grundsatz festgehalten, dass Eigentum verpflichtet. Lässt er sich auf eine Denkmalsanierung übertragen?
 
Ich meine schon. Ich finde, man kann hier auch Goethe zitieren: „Was du von den Alten hast erworben, bewahre es, um es zu besitzen.“ Das bedeutet: Bewahren ist eine Voraussetzung für den Besitz. Ich für meinen Teil habe das jedenfalls immer so verstanden.
 
Das Interview führte Angelika Sauerer.
Foto von Consilia GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

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